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Ruth Buchanan EIN GARTEN MIT BRÜCKEN (Wirbelsäule, Magen, Kehle, Ohr)
Ein Projekt für die Neuen Auftraggeber von Mönchengladbach

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag: 10-17 Uhr

Die Stadt Mönchengladbach fördert Projektbereiche des Arbeitslosenzentrum Mönchengladbach e.V.

 

Wenn Unrecht nicht mehr gesehen wird

Von Nina Giaramita

Im Arbeitslosenzentrum in Mönchengladbach stellt man ein Stück weit Gerechtigkeit her - mit einem täglichen Mittagessen, das satt macht. Im Alltag kämpfen die Besucher jedoch mit dem Gefühl, dass über viele andere Ungerechtigkeiten hinweggesehen wird.

Heute Mittag stehen Bratkartoffeln und Schweineschnitzel auf dem Speiseplan. Es ist kurz vor zwölf – langsam füllt sich das Haus. Seit über 30 Jahren gibt es das Arbeitslosenzentrum (AZ) in Mönchengladbach. Für Hilfesuchende ist das Zentrum eine Institution. Dabei geht es längst nicht nur um Arbeitslose, sondern auch um eine immer größere Zahl von Rentnern, die bedürftig sind. Gerade eben hat das Arbeitslosenzentrum neue Zahlen auf der Homepage veröffentlicht: Innerhalb eines Jahres ist die Zahl derer, die in Mönchengladbach neben ihrer Rente Grundsicherung im Alter beziehen müssen, um satte fünf Prozent gestiegen. Für diejenigen, die sich deshalb kein vernünftiges Mittagessen mehr leisten können, gibt es von Montag bis Freitag für zwei Euro eine warme Mahlzeit.

Peter, 72 Jahre alt, ist einer derjenigen, die regelmäßig das Angebot der Einrichtung wahrnehmen. Auch bei ihm ist es knapp mit der Rente. Um über die Runden zu kommen, trägt der Gladbacher mehrmals in der Woche Post aus. Beklagen will er sich nicht, aber als die Frage nach dem Thema Gerechtigkeit im Raum steht, lautet seine Diagnose: "Es liegt etwas im Argen." Vom Nebentisch kommt gleich lautstarke Zustimmung. Leichthin sagt Peter: "Viele hier fühlen sich ungerecht behandelt." Dem Satz entnimmt man, dass er sich selbst nicht dazu zählen will, aber die Ungerechtigkeiten liegen für ihn auf der Hand. Beispiel Wohnungsmarkt: "Selbst hier in Gladbach wird es eng", sagt er. Die Mieten seien kaum mehr bezahlbar. "Das können viele berichten."

"Wir werden vergessen"

Peter hebt im Verlauf des Gesprächs immer wieder ratlos die Hände. Er mag für dieses Gefühl, dass da "etwas völlig aus dem Ruder gelaufen ist", keine Sündenböcke benennen. Damit stehe er inzwischen "im Widerspruch zu einer großen Gruppe von Leuten", sagt er. Es wird klar, was Peter damit meint, als am Nebentisch Daniela anfängt, zu erzählen. Die 49-Jährige lebt von einer kargen Erwerbsminderungsrente und kommt, bevor sie ihre zehnjährige Tochter von der Schule abholt, jeden Tag zum Essen ins Arbeitslosenzentrum. Sie ist keine, die ein Blatt vor den Mund nimmt – sagt sie von selbst. Wenn man sie nach Ungerechtigkeiten fragt, ist sie schnell bei dem Thema "Flüchtlinge". "Seitdem die da sind, werden wir anderen vergessen", sagt sie mit lauter Stimme.

Das Thema treibt viele um. Auch einige aus der Männerrunde, die in der Zwischenzeit nebenan zusammengekommen ist, haben eine ähnliche Wahrnehmung. "Das Augenmerk wird zu 80 Prozent auf die Flüchtlinge gelegt, die Probleme der anderen werden gar nicht mehr besprochen", sagt Stefan Wriedt. Der 50-Jährige ist seit drei Jahren arbeitslos und Hartz-IV-Bezieher. Der ehemalige Stahlbauschlosser spricht den Gedanken ohne Bitternis aus. "Ich weiß", sagt er, "dass den Menschen geholfen werden muss." Dennoch bleibt das Gefühl, dass man jetzt, mit so vielen neuen Bedürftigen im Land, noch mehr beiseite geschoben wird. Ob denn in seinen Augen radikale Parteien wie die AfD wieder mehr Gerechtigkeit herstellen könnten? "Nein", sagt er entschieden. "Auf gar keinen Fall."

Elektroautos statt Waschmaschinen

Karl Sasserath, Leiter des Arbeitslosenzentrums in Mönchengladbach, weiß, was die Besucher des Hauses umtreibt. Er weiß auch, dass manche gedanklich kurze Schlüsse ziehen und schnell dabei sind, anderen, die in einer ähnlich prekären Lage sind, die Schuld zuzuschieben - Flüchtlingen etwa. Er würde solche Diskussionen gern mit Hilfe von mehr Sozialarbeitern eingrenzen, das Geld fehlt jedoch. Seit 33 Jahren ist Sasserath für die Einrichtung verantwortlich. Jetzt steht er kurz vor der Rente. Der Sinn für soziale Fehlentwicklungen ist Sasserath jedoch längst nicht abhanden gekommen. "Wenn Menschen, die sich ohne Weiteres ein Auto leisten können, nun 1.000 Euro Förderung für ein Elektrofahrzeug bekommen, und Hartz-IV-Bezieher dagegen eine neue Waschmaschine mühevoll selbst finanzieren müssen, dann ist das unfair", sagt er mit Nachdruck. Bis zum Eintritt seiner Rente will er aber weiter kämpfen; dafür, dass die Ungerechtigkeiten, die Bedürftige in seinen Augen allerorten treffen, zumindest für ein paar Augenblicke weniger schmerzhaft sind - und sei es nur für die kurze Zeit eines Mittagessens.

Am Ende meines Besuchs habe ich erfahren, dass der Einrichtung ein Zwangs-Umzug bevorstehen soll. Das Haus steht auf einem städtischen Grundstück, das zukünftig städtebaulich "aufgewertet" werden soll. Wie die Aufwertung aussehen soll, kann man gegenüber vom AZ beobachten: Dort entsteht gerade ein Wohnkomplex mit Luxus-Penthousewohnungen. Für eine Institution wie das AZ scheint es dort keinen Platz mehr zu geben - in meinen Augen eine Ungerechtigkeit.

Quelle:
http://www1.wdr.de/nachrichten/gerechtigkeit-nrw-100.html

 

Diese Nachricht enthält wichtige Informationen zu den politischen Einstellungen gegenüber dem Thema: Gerechtigkeit

http://www1.wdr.de/nachrichten/ihre-meinung-gerechtigkeit-100.html